
Hier finden Sie eine kurze
Leseprobe von
Der Fürst frühstückt
(Erzählungen 2008)
(ISBN 978-3-9810365-9-6)
mit Federzeichnungen
von Frank Grüttner
Leseprobe von
Der Fürst frühstückt
(Erzählungen 2008)
(ISBN 978-3-9810365-9-6)
mit Federzeichnungen
von Frank Grüttner
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Hörprobe
Text:
Unsere späten Tränen II
Er saß manchmal mit einem Freund im Caféhaus. Während ihrer
Gespräche fiel ihm auf, dass der Ältere beim Sprechen oft, in den
letzten Wochen immer häufiger, mit den Lippen zitterte. Dieses
Zittern war fast mehr ein Flattern der Lippen, es kam fast einem
Flageoletton gleich, wie beim Spiel auf einem Streichinstrument.
Es schien ihm manchmal gar, als höre er diesen hohen Ton, wenn
der Freund beim Sprechen mit den Lippen flatterte.
Er achtete nun immer mehr auf das Zittern und Flattern. Sein
Gegenüber zitterte mittlerweile bei allem mit den Lippen, egal,
über was er sprach. Ganz gleich, ob er einer schönen Frau noch
einmal mit dem Mund hinterher schmeckte. Ob er etwas ironisierte
oder beklagte, stets flatterten seine Lippen.
Was hatte bei ihm zu diesem Tick geführt? Der Freund war nicht
sichtbar krank. Er fuhr viel Fahrrad, wanderte viel, bewegte sich gut.
Eines Tages sprach er ihn darauf an.
Der Freund gab sich zuerst überrascht, wusste aber von seinem Tick.
Er hatte ihn längst selbst bemerkt.
„Es kann sein, dass es mit meinen Erinnerungen zu tun hat. In letzter
Zeit, jetzt im Alter, kommt alles wieder in mir hoch. Besonders nachts.
Dann erlebe ich wieder die Bombenangriffe. Ich habe dann große Angst.
Wie damals, als Kind. Wir lebten ja in Berlin. Jetzt, im Alter, da habe
ich wieder diese Riesenangst. Sie lässt mich nicht los. Ich bleibe das
Kind, das ich war.“
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